Meta-Reise
 
Im Moment sitze ich nach einer friedlichen Reise im Regionalzug für das letzte Stückchen Weges, fühle mich aber im vertrauten Stuttgart schon so gut wie zu Hause. Langsam beginnt auch der Wirbel aus Eindrücken, Gedanken und Gesprächen sich zu setzen. Schon die Hinfahrt, begonnen mit einem ordentlichen Zu-Wenig an Schlaf, verging teilweise wie ein Traum und viel im Schlaf, so dass ich am Ende kein rechtes Gefühl für die zurückgelegte Entfernung hatte. Aber in jedem Fall stellte sich dort die in Italien gerade einigermaßen bewältigte Empfindung der Fremdheit ein. Eine völlig unverständliche Sprache, ganz eigene Systeme des öffentlichen Verkehrs und, - EU behüte - ein anderes Geld! Von Johannes liebevoll empfangen fand ich mich aber schnell zurecht, und konnte Warschau, abgesehen vom Wetter, in vollen Zügen genießen.
    Auffallend ist beim Streifzug durch die Stadt zunächst der Kontrast des Lebens in allen Facetten, der ja aus dem sich entwickelnden Osten bekannt ist. Am deutlichsten spiegelt es sich in den Gebäuden, die sich entweder verfallend oder prunkvoll modern präsentieren, fast ohne ein Dazwischen.
    Einen gewissen Schock für die aktuelle Bildungsdebatte in Deutschland stellt die Nähe der aufstrebenden Uni zu den Erbauern und Bewohnern der prunkvollen Hälfte der Häuser dar. Mit großen Plaketten wird auf die huldvolle Behandlung durch verschiedene Firmen aufmerksam gemacht, fast alle größeren Banken sind vertreten, aber auch andere Branchen sparen nicht.
    Ich konnte nicht beobachten, wie sich das auf die Lehre auswirkt, auch wenn ich in mit Johannes zusammen den Genuss eines höchst vergnüglichen Seminars kam. Dort werden in Referaten verschiedene Märkte untersucht, um die Chancen von Investitionen zu bestimmen. Als Insider kann ich nur empfehlen, schnell mit circa 5 Millionen eine Billigfluggesellschaft mit französischen Destinationen aufzubauen…
    Darüber hinaus würde ich Johannes eine Karriere als Reiseplaner und -leiter nahelegen. Er hat ein sehr ausgewogenes Programm entworfen und dabei sogar vegane Kulinarik entdeckt, in Polen wahrhaft keine leichte Aufgabe. Immerhin bietet also Warschau als Hauptstadt und Metropole selbst auf diesem Gebiet eine gewisse Auswahl. Wobei die meisten vegetarischen Restaurants und Bars noch sehr frischgeschlüpft wirken und zum Teil ihren Absatz noch steigern könnten.
    Als Ende der ersten Eindrücke noch eine interessante Begegnung im Zug auf den letzten Metern vor Warschau: Ich wechselte dort zunächst einig englische Worte mit einem jungen Polen, um dann zu erfahren dass er ein Jahr in Mailand studiert hatte, und fern des bel paese noch eine nette italienische Unterhaltung zu führen, ein lustiges Gefühl.
 
Viaggiare di più
Montag, 29. Mai 2006